Wir sind so frei!

Freiheit. Vermisst, erhofft, gefürchtet und heiß diskutiert in diesen Tagen.
Frei sein zu tun, was ich gewohnt bin und was ich mag, frei sein von der Angst, krank zu werden, liebe Menschen zu verlieren, pleite zu gehen. Das wäre schön. Stattdessen stehen Freiheiten auf dem Prüfstand. Aus gutem Grund, aber trotzdem für viele schmerzhaft.
Martin Luther schreibt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Heute, mehr als 500 Jahre später, stellt sich die Frage nach der Balance zwischen beidem ganz neu:
Zwischen dem Wunsch, den Betrieb weiterlaufen zu lassen, Freundinnen zu treffen, zu Konzerten zu gehen, Weihnachten zu feiern wie gewohnt, die Kinder zum Fußball zu schicken – und der Sorge, Menschen zu gefährden, womöglich sogar die, die mir am liebsten und wichtigsten sind.
In all diesem Überlegen, Austarieren und Planen wünsche ich mir die innere Freiheit, um festzustellen: Es geht auch anders. Nicht alles ist notwendig, manches lässt sich neu denken und erfinden. Dabei entstehen innere und äußere Freiräume – und die braucht es. Nicht nur an diesem Reformationstag.

Pastorin Dr. Anne Smets