"Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt..."

Predigt zum Sonntag Lätare von Pastorin Brigitte Scheel

Wegen technischer Probleme gibt es in dieser Woche keinen Mitschnitt des Online-Gottesdienstes - wir bitten um Verständnis! Stattdessen haben wir die Predigt von Pastorin Brigitte Scheel zum Sonntag Lätare eingestellt.

Predigttext: Johannes 12, 20-24
Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus. Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
 
Predigt
Wir erleben im Moment eine sehr lange Passionszeit, sie hat im letzten März 2020 begonnen und ist immer noch nicht zu Ende. Passion Leiden, also nicht nur sieben Wochen, sondern das Leid, Sorgen, Kummer, Ängste sind fester Bestandteil unseres Lebens, wir können uns immer dann freuen, wenn es mal nicht so schlecht läuft.
Die Infektionszahlen sind so schön gesunken und jetzt erleben wir, wie sie wieder ansteigen. Man mag sich fragen, wo bleibt der Erfolg unseres Bemühens, unserer Disziplin. So viel Einsamkeit, Verzicht auf Besuche bei Menschen, die mir wichtig sind, viele Dinge, die Spaß machen, dürfen nicht mehr sein. Die Kinder waren so lange zu Hause, auch für die Eltern eine lange Passionszeit.
Wir werden lernen müssen, mit diesem Corona-Virus zu leben, er wird nicht verschwinden.
Die Impfung wird heiß ersehnt, Impfneid entsteht, muss aber in jedem Jahr wiederholt werden.
Das hängt alles zusammen, Krankheit, Leiden, Passion, in diesen Wochen hören wir in der Kirche die Erzählungen und Texte aus der Bibel, die den Weg zum Kreuz beschreiben.
Doch heute ist ein break, eine Pause, So wie wir im vergangenen Jahr immer wieder gefragt haben: Bei allem Schlechten, was ist gut an dieser Situation, mehr Zeit zu Hause, weniger Stress, weniger Reizüberflutung, die Möglichkeit, sich auf sich selbst zu besinnen, alte Hobbies Pflegen, neue ausprobieren.
In der Passionszeit gibt es diesen Sonntag Lätare, Freut euch! Denn wir wissen ja schon, dass Jesus auferstanden ist, wir sehen das Ganze mit anderen Augen, wir kennen das Ende der Geschichte, ein Ende, das ein Anfang ist.
Klein Ostern wird dieser Sonntag auch genannt. Wenn sonst ein lila Parament am Altar hängt, so ist es heute die Farbe rosa, ein aufgehelltes Lila, das die liturgische Farbe ist. Die wenigsten Kirchengemeinden haben allerdings ein rosa Parament. Man braucht es so selten...
An diesem Sonntag Lätare haben wir gehört, dass Jesus in Jerusalem angekommen ist, wie ein König ist er begrüßt worden, alles hat ihm zugejubelt, es hatte sich herumgesprochen, was Jesus schon alles getan und gesagt hatte. Die Hoffnungen ruhten auf ihm.
Jesus hörte aber auch die anderen Schwingungen, seine Gegner waren ebenfalls in Jerusalem, sie hatten beschlossen: Jesus muss sterben!
Wie es auch heute ist, war es damals auch: Kommt ein Prominenter, ein Star irgendwo an, gibt es immer Menschen, die ihn treffen wollen, meet und greet, Interviews, aus ganz verschiedenen Gründen suchen Menschen die Nähe von Jesus.
Sie sind sicher neugierig, wie sieht er aus, was hat er zu sagen, bestimmt war da auch die Sehnsucht nach einem, der das Leben besser machen kann, der Trost gibt, der hilft, der heilt.
Menschen, die sich sehnen nach Gott, die sich fragen, wie begegne ich ihm, wie komme Gott nahe?
So leicht ist es nicht, zu Jesus zu kommen. Umständlich wird erzählt, wie erst Phillipus befragt wird, der sich mit Andreas berät, beide dann zu Jesus gehen. Das Heilige ist nicht immer verfügbar. Manchmal muss man durch mehrere Türen schreiten, um dorthin zu gelangen.
Jesus antwortet auf geheimnisvolle Weise: “Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird der Menschensohn in seiner Herrlichkeit sichtbar. Amen, Amen, das sage ich euch: Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, dann bringt es viel Frucht.“
Für diese Griechen wird ein Wunsch in Erfüllung gehen, sie werden Jesus treffen, ihn wahrnehmen, das, was er ausstrahlt, sehen. Herrlichkeit, ein Glanz, etwas Besonderes, das Heil und Frieden schenkt.
Doch ganz anders wird es kommen, als es die Menschen erwarten, nicht als strahlender Sieger, sondern als sterbender Verlierer werden die Menschen ihn erleben. Sein Glanz ist mit dem Tod verbunden.
Die Menschen glaubten damals, dass das Korn in der Erde sterben musste, damit das Getreide in die Höhe wachsen konnte, damit neue Frucht entsteht, aus einem Korn ganz viele, Korn das sattmacht, Korn des Lebens. Ob diese griechischen Menschen das verstanden haben?
Selbst für die Jünger war das seltsam, gerade in diesem wunderbaren Moment des Erfolgs, des Jubels, so eine Aussage, was sollte das bedeuten?
Jesus sagt:
Bei diesem kleinen Weizenkorn ist es, wie bei mir, es muss sterben und bringt dann das Leben, ein neuer Anfang. Die Getreidepflanze wächst empor, alle können sie sehen, so wird durch den Tod hindurch die Freude und das neue Leben sichtbar werden.
Das ist eng verbunden mit Kreuz und Tod, mit Leiden und Trauer und Angst.
Eben mit einer Zeit der Passion, wie wir sie jetzt erleben. Wir alle sind in der Coronapassionszeit, aber dazu kommen noch all die persönlichen Leidensgeschichten, Kurzarbeit, Krebserkrankungen, Todesnachrichten, da könnte jeder hier etwas erzählen, große und kleine Sorgen.
Jesus ist Mensch gewesen, wie wir, er kennt das alles, und er ist am Ende durch ein großes Leiden gegangen, der Tod am Kreuz, ein furchtbarer Tod.
Wir feiern heute schon ein Stück vorweg, dass wir wissen, er ist nicht nur der, der gelitten hat und gestorben ist, er hat den Tod überwunden, ist auferstanden. Er ruft uns zu: Es wir nicht immer so sein, unser Leben wird nicht immer von solchen Passionszeiten durchbrochen werden. Er hat uns den Weg bereitet dazu, wieder ganz heil und in Frieden sein zu können. Bei Gott.
An diesem Sonntag Lätare geben wir unserer Sehnsucht Raum, haben einen Moment der Ruhe, des Friedens und des Heilsseins mitten in allem Leiden.
„Amen ich sage euch: Wenn das Weizenkorn, das in die Erde fällt, nicht stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“
Was wohl die Griechen zu all dem gesagt und gedacht haben? Wir wissen es nicht.
Sie hatten das Glück, Jesus sehen zu können, ein Moment des Heils und des Friedens mitten in der chaotischen Welt, das werden sie nie vergessen haben.
Ich wünsche uns, dass wir uns in allem Leiden, in allem, was uns im Moment belastet, daran freuen können, was wir gesehen und erfahren haben, dass Gott bei uns ist, dass er uns den Weg geebnet hat hinein ins Leben, ins Heil, in den Frieden.
Amen.