Predigt-Gedanken zum 2. Sonntag nach Epiphanias

Predigt-Gedanken von Prädikant Dr. Felix-Ingo Meiborg

Liebe Gemeinde,

Der Kirchgemeinderat hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, aufgrund der Corona-Situation die Gottesdienste weiterhin nicht als Präsenzgottesdienste stattfinden zu lassen. Das finde ich genauso schade wie richtig. Deshalb möchten wir Ihnen auf diesem Weg ein paar Gedanken zum heutigen Predigttext mitgeben:

DIE HOCHZEIT ZU KANA (Joh 2,1-11)
2 1Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. 2Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. 3Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. 4Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. 6Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maß. 7Jesus spricht zu ihnen:
Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. 8Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. 9Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam 10und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. 11Das ist das erste
Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.


Predigt-Gedanken
Es ist ungewöhnlich, wie Johannes sein Evangelium beginnt: Erst ein Kapitel mit anspruchsvoller theologischer Einleitung und dann kommt direkt danach im zweiten Kapitel das Wunder der Hochzeit zu Kana. Keine Geschichten zu Jesu Kindheit, nichts dazu, wie Jesus und die Jünger sich kennenlernten. Das hätte ich erwartet, denn schließlich möchte man doch wissen, wer Jesus war, wo er herkam, was er für einer ist, von dem sie da erzählen. Aber Jesus wird uns vorgestellt, als Gast auf einer Hochzeit. Nicht als besonderer Ehrengast, sondern mit seinen Jüngern als einfacher Partygast. Deutlich heißt es im Evangelium: Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Das heißt, sie sind nicht zufällig vorbeigekommen, sondern waren bewusst auf Wunsch des Brautpaares dort.

Die Situation, dass der Wein ausging, lässt auf ein feucht-fröhliches Fest schließen. Jesus hat mutmaßlich mitgefeiert. Sollen wir den Erlöser, den Heiland, den Gottessohn ganz menschlich kennenlernen und vorgestellt bekommen? Ein geselliger Mensch, der das Leben genießt?
Feiern und mit Menschen Zusammensein liegt Jesus sehr am Herzen. In mehreren anderen biblischen Erzählungen wird das erwähnt. Seine Gegner fanden das ein sehr befremdliches Verhalten - wie kann ein geistlicher Lehrer vermeintlich weltlichen Genüssen so zugetan sein? Jesus wird abfällig von seinen Kritikern ein Fresser und Weinsäufer genannt (Mt 11,19; Lk 7,34).
In allen Evangelien wird immer wieder deutlich, wie fröhlich, lebensbejahend Jesus gezeigt wird und wie gerne er gefeiert hat. Genau deshalb ist es sicherlich kein Zufall, dass dieses Fest, bei dem uns der Evangelist Johannes Jesus vorstellt, eine Hochzeit ist. Sie die Verbindung zwischen zwei sich liebenden, die Gründung einer neuen Familie. Eine Hochzeit ist ganz im wörtlichen Sinne eine Hoch-Zeit, ein Höhepunkt. Ein ganz besonderes Fest.

Es wäre zu einfach wenn uns der Messias nur beim Feiern in geselliger Runde vorgestellt würde. Natürlich geht es um mehr: Der Wein ist fast leer, eine unangenehme Situation für jeden Gastgeber, wahrscheinlich droht die Stimmung zu kippen. Spätestens jetzt wird aus der Erzählung, aus der bloßen Erinnerung an die Hochzeitsfeier in Kana mehr, eine Geschichte, die Parallelen hat für andere Situationen in unserem Leben. Aus der Erfahrung des Lebens wissen wir, dass es beides gibt, einerseits das fröhliche Feiern, wie andererseits das traurige, vielleicht sogar missglückte Leben. Einem Leben mit vollen Krügen neben einem Leben, das plötzlich trockenfällt, dem der Schwung ausgeht, dem das Feiern im Halse steckenbleibt.

Diese beiden Erfahrungen „fröhliches Feiern“ und „leere Krüge“ liegen gar nicht so weit auseinander. Die Entdeckung „Der Wein ist leer!“ ereilt uns immer wieder gerade in den Augenblicken, wenn wir das Leben in vollen Zügen genießen und meinen, wir schwimmen obenauf. Das ist wohl unsere Lebens-Realität: Gerade dann, wenn wir in Feierstimmung sind, gerade dann, wenn alles wie am Schnürchen zu laufen scheint, trifft uns ein Schicksalsschlag und wir stehen von einem Moment auf den anderen vor einem Scherbenhaufen. Und was gerade noch Freude und Ausgelassenheit war, bekommt plötzlich einen schalen (Bei-)Geschmack und nimmt uns auf einen Schlag die gute Stimmung, manchmal sogar alle Lebensfreude.

Das kann alles Mögliche sein: Ein Ereignis in den Nachrichten, ein persönlicher Verlust, eine ärztliche Diagnose, ein Jobverlust – dies alles erwischt uns kalt, hart und wir fühlen das wie einen Schlag in die Magengrube: So schnell kann alles vorbei sein, so schnell ist es vorbei mit allem Schönen, Lebens- und Liebenswerten. Es verschlägt einem die Sprache, und wir können nur stammeln: Herr, sie haben keinen Wein mehr! Tu doch was! Hilf uns doch!

Aber wenn Johannes das ausdrücklich so erzählt und festhält, gleich am Anfang seines Evangeliums, dann hat das wohl doch seinen - im besten Wortsinn - guten Grund.
Jesus begleitet uns durch unser Leben und zwar immer. In guten Zeit fällt es vielleicht nicht so besonders auf. Er ist dabei, wie ein normaler Partygast auf einer Hochzeit. Aber wenn es ernst wird im Leben, dann kann er die entscheidende Lücke schließen. Dann ist er der gute Wein, der wie aus dem Nichts kommt. Er füllt unsere Krüge mit neuer Lebenszuversicht, mit neuer Lebenskraft wieder auf. Er macht aus dem, was da ist, das Besondere - er macht aus dem vorhandenen Wasser den guten Wein.

Und so hat es wohl doch seinen Sinn, dass Johannes uns Jesus so menschlich zeigt: beim Feiern und dann auch im dunkeln Keller des Lebens (oder wo immer unsere leeren Krüge stehen mögen). Die negativen Erfahrungen des Lebens sind alles andere als schön, es liegt aber ein Trost darin, den wir vielleicht dann erst richtig hören, wenn wir selbst auf dem „Trockenen“ sitzen. Jesus lässt sich zum Feiern einladen, und in der Not des Lebens ist er zu finden, will er sich finden lassen. Darum können wir ihm Vertrauen schenken, weil wir wissen: Gott selbst ist an unserer Seite. Laden wir ihn ein.


Lied zum Sonntag
EG 398 | In dir ist Freude
1) In dir ist Freude in allem Leide,
o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben,
du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet,
wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G'müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben;
nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2) Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden
Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast's in Händen, kannst alles wenden,
wie nur heißen mag die Not.
Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren
mit hellem Schalle, freuen uns alle
zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren,
lieben und loben dein Macht dort droben
mit Herz und Munde. Halleluja.